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Neugestaltung Bahnhofplatz, Brig

Neugestaltung Bahnhofplatz und neues Perrondach für die Matterhorn-Gotthard-Bahn | 4. Preis selektiver Wettbewerb, 2015



Der heute schwerlich erfass- und erfahrbare Raum über den Perrons der Matterhorn-Gotthardbahn am Bahnhof Brig wartet richtiggehend darauf besetzt zu werden. Die heterogene und lückenhafte (Stützmauer neben Unterführung SBB Geleise) Bebauung beidseits der MGB-Perrons liess in uns das Bedürfnis wachsen, die Perrons nicht bloss zu überdachen, sondern den zu überdachenden Raum stärker zu fassen, eine starke Beziehung zwischen Perron und Dach zu generieren, so dass - zumindest gedanklich - fast ein Gebäudevolumen, beziehungsweise eine schlanke Gebäudezeile entsteht. Das Dach soll nicht bloss ein Ort sein, von wo aus man auf Zug oder Postauto wartend in die Berge und an die Nachbarsbauten schaut, sondern ein Ort mit einer starken eigenen Identität, er soll Brig mit etwas Neuem bereichern. Da der Perimeter durch die Perrons und Geleise eine ausgeprägte Längsorientierung hat, suchten wir nach einer Dachform, welche die Dynamik der Ost-West-Ausrichtung bricht und den überdachten Raum unter sich ruhen lässt. Die kleinmassstäblichen, angrenzenden Villen mit ihren Gärten bekräftigten uns weiter in dieser Absicht. In den Walmdächern dieser Villen fand der Entwurfsprozess denn auch seinen Ursprung. Durch die Aneinanderreihung vieler, unterschiedlich grosser Walmdächer entstand ein einziges, grosses Walmdach-Relief beziehungsweise eine feinhügelige Topografie.


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Verfahren: selektiver Wettbewerb 2015
Auszeichnung: 4. Preis
Kategorie: Infrastrukturbau, Platzgestaltung
Bauherrschaft: Matterhorn-Gotthard-Bahn
Organisator: raum:spiel GmbH
Team: Roger Gerber und Severin Odermatt
Landschaftsarchitektur: Manoa LA, Meilen





Städtebauliche Idee und architektonischer Ausdruck

Der heute schwerlich erfass- und erfahrbare Raum über den Perrons der Matterhorn-Gotthardbahn am Bahnhof Brig wartet richtiggehend darauf besetzt zu werden. Die heterogene und lückenhafte (Stützmauer neben Unterführung SBB Geleise) Bebauung beidseits der MGB-Perrons liess in uns das Bedürfnis wachsen, die Perrons nicht bloss zu überdachen, sondern den zu überdachenden Raum stärker zu fassen, eine starke Beziehung zwischen Perron und Dach zu generieren, so dass - zumindest gedanklich - fast ein Gebäudevolumen, beziehungsweise eine schlanke Gebäudezeile entsteht. Das Dach soll nicht bloss ein Ort sein, von wo aus man auf Zug oder Postauto wartend in die Berge und an die Nachbarsbauten schaut, sondern ein Ort mit einer starken eigenen Identität, er soll Brig mit etwas Neuem bereichern. Da der Perimeter durch die Perrons und Geleise eine ausgeprägte Längsorientierung hat, suchten wir nach einer Dachform, welche die Dynamik der Ost-West-Ausrichtung bricht und den überdachten Raum unter sich ruhen lässt. Die kleinmassstäblichen, angrenzenden Villen mit ihren Gärten bekräftigten uns weiter in dieser Absicht. In den Walmdächern dieser Villen fand der Entwurfsprozess denn auch seinen Ursprung. Durch die Aneinanderreihung vieler, unterschiedlich grosser Walmdächer entstand ein einziges, grosses Walmdach-Relief beziehungsweise eine feinhügelige Topografie. Die einzelnen Dächer sollten den Raum ruhend unter sich fassen und den Passagieren ein Gefühl des Aufgehobenseins und Verweilens, des Wartens unter einem inspirierenden Faltwerk bieten. Gleichzeitig geht das Dach so auf seine Nachbarschaft ein und entfernt sich vom Bild einer grossen Infrastrukturbaute, welche an den Villen und altehrwürdigen Fassaden geradezu vorbeischrammt. Durch Verfeinerung und Vereinfachung des ‚Walmdachkonglomerates’ gelangten wir nach und nach zu einer filigraneren Faltung, zu einem Dach, welches über den Geleisen zu schweben scheint und doch die von uns angestrebte Stimmung erzeugt. Die Faltung entwickelt sich über die Länge der Perrons in variierender Breite und reagiert an den Enden differenziert – als Auftakt und als sanfter Abschluss. Die flächige Faltung erweckt den Eindruck eines leichten Daches - die Feinheit des Dachrandes und die geringe Auslenkung zwischen First und Traufen am Dachrand unterstützen diesen Charakter. Die sich ergebenden, leichten Licht- und Schattenspiele in der Untersicht bilden so einen dezenten Hintergrund für das rege Treiben auf den Perrons und die markanten Züge der Matterhorn-Gotthard Bahn ohne diese in Ihrer Wichtigkeit zu konkurrenzieren. Bewegt man sich entlang oder unter dem Dach, wird der Weg zu einem räumlichen Erlebnis und auch die Nachbarsbauten profitieren vom Charme des sich rhythmisch auf- und abwärtsbewegenden Dachrandes. Aus der Vogelperspektive wirkt das fein reliefierte Dach selbstverständlich. Die Faltung entfaltet auch statisch ihre Wirkung. Das in Stahlbeton gehaltene, räumliche Faltwerk bedarf keinerlei Unterzüge oder Streben, sondern kommt als eine einzige, grosse Steinschale auf Stahlbetonstützen zu liegen. Die eindrückliche, mineralische Dachplatte, scheint die auf die Passagiere wartende, gewaltige Bergwelt, anzukündigen.

Statisches System und konstruktiver Aufbau

Generell wurde die Form der einzelnen Bauteile entsprechend dem Verlauf der statischen Anforderungen dimensioniert. Das zweiachsige Faltwerk aus Stahlbeton ist zwischen 25cm und 90cm dick und weist Spannweiten zwischen 12m und 15m und Auskragungen zwischen 5.8m und 9.6m auf. Ausser der vertikalen Lastabtragung übernehmen die Stützen auch die Aussteifung der Tragkonstruktion für Wind- und Erdbebenkräfte. Dafür werden sie biegesteif mit dem Dach verbunden und weisen am Stützenkopf eine Abmessung von bxl ca. 1.2m x 1.0m und am Stützenfuss von bxl ca. 0.8m x 0.5m auf. Um unkontrollierte Risse im Faltwerk aus Temperaturdehnungen, Biegung und Schwinden zu vermeiden bzw. zu minimieren, wird es bereichsweise vorgespannt. Aufgrund der hohen, konzentrierten Lasten aus den Stützen und den beengten Platzverhältnissen ist eine Pfahlfundation vorraussichtlich am wirtschaftlichsten. Die dank Vorspannung bereits eine hohe Wasserdichtigkeit aufweisende Dachoberseite wird zusätzlich tiefenhydrophobiert. Alternativ kann eine Lasur bzw. Versiegelung in Betracht gezogen werden. Die Geometrie des Daches ist so angelegt, dass die Tiefpunkte des Faltwerkes über der Strukturachse der Stützen zu liegen kommt - die Entwässerung in den Schnittpunkten der Stützen gelöst werden kann und somit der Dachrand keine Rinne aufnehmen muss. Die pro Stütze / Falleitung zu entwässernde Dachfläche beträgt im Schnitt 200m2.

Platzgestaltung

Die Herausforderung im Bereich des neuen Bahnhofplatzes besteht darin eine Platzgestaltung zu schaffen die mit ihrer Funktionalität im Einklang steht. Die Gestaltung soll den vielseitigen Bedürfnissen und Nutzerinteressen gerecht werden. Es gilt das neue Dach zusammen mit dem Bahnhofplatz zu einer „Adresse“zu machen und als solche im kollektiven Bewusstsein der Stadtbevölkerung und der Reisenden zu verankern - und den neuen Bahnhofteil als integrierter Bestandteil des urbanen Netzwerks der Stadt Brig zu verstehen. Die strukturellen Vorgaben des Rahmenplans werden weiterentwickelt und die wichtigen ortsspezifischen Themen wie Vegetationsstruktur, Sicht- und Wegebezüge aufgenommen. Im begrenzten Raum herrscht ein hoher Nutzungsdruck sowie verschiedene Verkehrs- und Passantenströme, die in einem gesamtheitlichen Gestaltungskonzept zu lösen sind. Der Bahnhofplatz hat besonders den Bedürfnissen von Fuss- und Veloverkehr Rechnung zu tragen. Durch die differenzierte Platzgestaltung entstehen konfliktarme Wegebeziehungen, die qualitätsvolle Aufenthaltsräume ermöglichen. Ein Teppich aus grossformatigen Kunststeinbändern gliedert den Platz und formt das hierarchische Erschliessungssystem. Die durchgängige Materialisierung spannt sich von Bahnhofsgebäuden zur Viktoriastrasse auf und betont die Einheit des Bahnhofs. Durch leicht erhöhte, rollstuhlgängige Belagsbänder entstehen klare Funktionszuweisungen von Langsamverkehrsströmen. Die abwechslungsreich angelegte, hierarchische Belagsgestaltung ermöglicht die barrierefreie Erschliessung. Durch einen vertikalen Absatz von 3cm werden «sichere Gehbereiche» ausgebildet (Blindenführung). Das Ordnungsprinzip der Platzgestaltung wird im Bereich der Perrons und Buskanten konsequent weitergeführt, wodurch kreuzungsarme Verkehrswege entstehen und eine konfliktfreie Abwicklung des Langsamverkehrs ermöglicht wird. Räumliche Akzentuierungen schaffen aus dem Belag ausgesparte, unterschiedlich grosse, kreisförmigen Pflanzflächen. In Anlehnung an die charakteristische Vegetation des alpinen Landschaftsraums verleihen Gräser und Zwergsträucher dem Platz durch ihre jahreszeitlichen Aspekte attraktive Eindrücke. Zwei Baumgruppen vor dem Bahnhofsgebäude gliedern den Platz. Einheimische Laub- und Nadelgehölze spenden Schatten und schaffen klare Sichtbezüge und räumliche Vielfalt. Als Adressbildner bietet die Art des Sehens und des Erlebens der einheimischen Pflanzenwelt im baulich gestalteten Kontext einen Kontrast zum stark von Infrastruktur geprägten Raum. Mit dem stark von Vegetation geprägten Platz entsteht ein wiedererkennbarer Freiraum. Sitzgelegenheiten bieten den Besuchern die Möglichkeit, in ruhiger, angenehmer Atmosphäre den Platz zu erleben. Die Möblierung bildet durch gezielte Setzung Schwerpunkte in Form von Ruhezonen aus, ohne die Personenströme zu den Perrons und zur Stadt zu beeinträchtigen. Die Grundbeleuchtung wird durch Mastleuchten geschaffen. Neben der markierenden und orientierenden Wirkung wird damit eine anregende Rhythmisierung des Platzes bei Dunkelheit erreicht. Zudem erhöht die Lichtintensität die Akzentuierung die Aufenthaltsbereiche. Gedeckte Veloabstellplätze sind westlich des Bahnhofplatzes sowie östlich des Bahnhofsgebäudes untergebracht und bieten ausreichende Abstellmöglichkeiten. Die beiden Taxistellplätze liegen in räumlicher Nähe und guter Sichtbeziehung zum Bahnhof und können von den Fussgän¬gern konfliktfrei erreicht werden. Die Anordnung der Taxis ermöglicht günstige Ein- und Ausstiegssituationen. Die Bahnhofvorfahrt (K+R) erfolgt über spezifische Parkfelder an der Viktoriastrasse im Osten des Bahnhofsplatzes. Die Perrons der MGB und der Bahnhof sind über dem Bahnhofplatz komfortabel erreichbar. Die Viktoriastrasse stellt eine innerstädtische Kante dar. Akzentuiert wird sie durch eine Baumreihe und eine langsamverkehrsfreundliche Strassenraumgestaltung mittels eines grosszügigen Trottoirs. Auf eine Parknische wird verzichtet. Stattdessen sind die Parkplätze längs der Fahrbahn im Trottoirbereich angeordnet. Einheimische, standortgerechte Laubbäume und eine grosszügige Wiesenflächen mit unterschiedlichen Ansaaten verleihen der Gestaltung vor dem SBB-Dienstgebäude, neben dem ästhetischen Aspekt, auch einen hohen ökologischen Wert.







| Situation
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Foto Bestand
| Grundriss
Grundriss
| Skizze Perrondach
Skizze Perrondach
| Querschnitt Konstruktion
Querschnitt Konstruktion
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